Thomas Michel

 
 
Freiheit
 
du sagst mir,
was ich machen soll,
und ich mach’ dann,
was ich will

 
 
die „Endgültige”
 
du fährst mit der Hand im Tanz um deinen Kopf,
machst eine streichelnde Bewegung in der Luft,
holst aus zu einer Andeutung,
die ein Schlag sein soll,
oder die Vertreibung
eines Gedankens
 
deine Bewegung ist so perfekt,
du drehst dich um,
wie zum letzten Mal,
es scheint ein Wink,
aber nur deine Hand bewegt sich,
und du schaust zu, was die Hand tut
 
eine Sicherheit der Hand,
die Kinder beruhigt,
Wissen und Bewußtsein,
das einen Augenblick
wie in Stein gemeißelt
festschreibt

 

 

reibungsloser Ablauf
 
in der Zeit
versteckter Zerfall,
es kann Ermüdung sein,
unerkannt morbid
 
das gibt dem Zufall
– oder Gott –
eine gewisse Angriffsfläche,
aber Gott greift nicht ein
 
Gelegenheiten
lassen die Götter
stets ungenutzt
verstreichen
 
fresse dich kurz
 
„in diesem Sinne”,
sagt die Spinne
und seufzt tief ins Telefon,
dann hängt sie sich
an seidnen Faden,
seilt sich erst ab
und dann davon
 
sie ist schwer
und fühlt sich satt,
wie immer, wenn sie
ferngefressen hat
 
Wüstenschiff
 
Hunde bellen,
Wölfe heulen,
Ratten schnellen,
Mäuse eulen
 
Mulis kamelen,
Zebras trappeln,
Pferde stehlen,
wenn sie zappeln
Dromedare
von der Bahre:
 
an Dromeda,
mein lieber Höcker,
sei gerichtet hier mein Gruß,
du kleiner Punkt auf dem Radar
bist des Weltalls Apfelmus

 

 

es fällt ein Wort
 
was an den Haaren herbei
gezogen der Nase nach
auf der Zunge brennt
schluckt abgeschnitt’ner Hals,
dann flieht’s leichten Schritts
am Arsch vorbei
und fällt
auf die Füße
 
wir sind für jeden Fall – entrüstet,
egal, wohin das Leben fristet,
wir sind, bis dir das Blut gefriert,
leidenschaftlich kleinkariert
 
niemand springt uns von der Bahre,
wir verkürzen deine Jahre
auf ein erträglich’ Maß – und doch
pfeifst du noch aus deinem Loch
 
allein dein wortverwitztes Wesen
läßt Zweige wachsen aus dem Besen –
da bleibt uns nur das letzte Mittel –
die Armee der weißen Kittel!

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