Stille

Manfred Keitel: STILLE.
Gedichte

 

Dezember 2012. 52 S.
Titelbild von Wolfgang Keitel.

 

Format 12,8 x 20,8 cm.
ISBN 978-3-936905-51-9.

 

„Ohne Stille ist keine Musik, ohne Leere kein Raum möglich.“

 

 

Kammermusik

 

was ist, was mich noch hält
auf dieser blassen trüben Erde
bin mit mir nicht eins und
meine Fragmente betrügen
für sich, sich mit sich selbst
schattenrollen im hohlen Bett
hier fühlen, dort das Denken
wer den Froschkönig küsst wird
der Froschprinz Puppen
schnitzen sich Menschenpuppen
das Wort, in allen Sprachen
in allen Ländern, ohne Heimat
sein Inhalt ist uns unbekannt
ich webe meine Vergangenheit
das ist es was mich bindet
da besucht das Wort deinen Mund
da wächst es heran
in deinem Speichel
keimt zum Horizont – gebiert sich neu –
so wandert das Wort in deinem Mund
ohne Augen schauend
gesichtslos grinsend

 

 

mit den Toten wohnen

 

alle Toten heißen Wo;
sind nur so und dort und
alle Toten sind wie du
bloß sind sie Leichen
sie schneien dir aufs Feld
das bearbeitet ist, sind
irgendwann sind sie Ähren
und die Frucht ohne Hin
jedes Nichts geht verloren
kein Fundbüro an dem du
es wieder holen kannst
totstellen hätte keinen Sinn
warmer Hauch der Leichen
ein Topf mit Gemüsesuppe –
du lebst von den Toten
nur bist du noch am Leben

 

 

erstes Frühlingsgedicht

 

ach: auch wenn es keiner glaubt
schon jetzt ist hier Frühling
Er wird noch über alle kommen
heute liegt er flach, ruht er
Wie warm ist es dabei noch
unter dem glatten Schnee
(*)
und ich bin auch ein wenig
wie dieser Frühling, verhüllt
Ruhe unter meiner Winterdecke
Papa Frost ich verspreche dir
dass ich ein wenig mit dir
ins immer neue Grün gehe Sicher!
(*) +

 

 

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